Am 25.03.1936 trat im Reichshallentheater Erfurt (heute als „Stadtgarten“ bekannt) eine aus vier Tänzerinnen und zwei Tänzern bestehende Tanzgruppe, begleitet von einem sechsköpfigen musikalischen Ensemble, auf. Eine Anzeige in der Thüringischen Allgemeinen Zeitung vom selben Tag versprach ein „besonderes Ereignis“, ein „Indisches Ballett“ mit „Indischem Orchester“, ein „berauschendes Spiel der Glieder“ und „Nie sahen wir solchen Tanz!“.Das damalige Reichshallentheater war zu dieser Zeit bereits eine Institution des Erfurter Unterhaltungsbetriebs. Das vormalige Hirschbrühl als Standort des heutigen Stadtgartens lag als Vorstadt außerhalb der Befestigungsanlagen der Altstadt. 1786 fanden erste Konzerte in den von den Besitzern kunstvoll verschönerten Gärten statt. 1796 erwarb der Schuhfabrikanten Vogel das Grundstück des heutigen Stadtgartens. Als „Vogelsgarten“ wurde eine Lesegesellschaft mit Billard- und Gastrecht gegründet. 1838 fand eine erste Gartenbau- und Gewerbeschau im „Vogelsgarten“ statt und 1860 wurde dort eine Tonhalle errichtet.Weiterhin genutzt für verschiedene Ausstellungs- und Freizeitaktivitäten, etwa am 18. Juli 1870 das große Thüringer Sängerbundfest, bis 1894 W. Hoffmann den „Vogelsgarten“ erwarb. Nach Erweiterung des Musiksaals wurde das Reichshallentheater eröffnet. Hier fanden nun regelmäßige Konzerte, Theatervorstellungen, später Operette und kinematografische Aufführungen statt. 1932 ging der „Vogelsgarten“ in Stadtbesitz über – als kommunales Wirtschaftsunternehmen „Reichshallen“, damals Erfurts größter Konzert- und Konferenzsaal (1100 Sitzplätze). 1946 wurde schließlich der „Vogelsgarten“ inklusive „Reichshallentheater“ in „Stadtgarten“ umbenannt. Als die Menaka Truppe Erfurt erreichte, schwamm sie auf einer Welle der Begeisterung für „orientalische“ Spektakel aller Art mit. Dass in Deutschland Tänzer*innen spektakuläre Programme aus verschiedenen östlichen Traditionen vorstellten, begann um die Jahrhundertwende. Eine der Pionierinnen war Ruth St. Denis, eine wichtige Wegbereiterin des modernen Tanzes, die mit neuen Bewegungsformen und kreativen Selbstinszenierungen eine völlig neue Form des Bühnentanzes initialisierte. Viele ihrer Inspirationen holte sie sich aus unterschiedlichen Kulturen des „Orients“, wobei ihr indisches Programm immer ein besonders beliebter Teil ihres Repertoires war, den sie immer wieder aufführte. Schon zu Beginn ihrer Karriere reiste sie aus den USA 1906 zu einer dreijährigen Europatournee, wo sie die künstlerische Avantgarde Deutschlands und Österreichs von sich überzeugte. Der Wiener Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal widmete ihr sein programmatisches Essay Die unvergleichliche Tänzerin (1906) und pries die sinnliche Schönheit, aber auch ihren hieratischen, geradezu überirdischen Stil, der ihren Aufführungen einen religiösen Charakter verlieh. Dies war natürlich sorgfältig geplant und inszeniert.

Zum ganzen Artikel von Isabella Schwaderer auf Decolonize Erfurt: