Menakas indisches Ballett in Europa

Die Eckdaten der Tournee im Überblick

Von Januar 1936 bis Anfang 1938 trat Menaka in Europa mit drei TänzerInnen und zwei Tänzern, sowie einem Begleitensemble von sechs Musikern auf. Ihre beiden männlichen Tanzpartner Ramnarayan und Gauri Shankar waren professionelle Kathak-Tänzer; die drei Tänzerinnen waren junge Mädchen aus verschiedenen Städten in Indien, die Menaka selbst ausgebildet hatte. Das Begleitensemble bestand aus professionellen Musikern, die von Sakhawat Hussein Khan, einem bekannten Instrumental-Solisten aus Lucknow angeleitet wurden. Als Musikdirektor war Ambique Majumdar verantwortlich für die Arrangements. Menakas zweiteilige Programm  bestand aus einer Reihe von Arrangements nordindischer Volkstänze und im Hauptteil aus einem sogenannten „Tanzdrama“. Die Tournee begann im Januar 1936 in der Schweiz, Luxemburg, Belgien und den Niederlanden und verlief dann für den größten Teil des Jahres durch Deutschland. 1838 endete die Tour in Italien.

Die Tournee des Menaka Balletts in Europa wurde durch die Internationale Konzertdirektion Ernst Krauss in Amsterdam geplant, finanziert und koordiniert. Ernst Krauss  hatte zuvor schon Auftritte für die Gruppe des indischen Choreografen und Tänzers Uday Shankar vermittelt, ebenso wie für die balinesische Tänzerin Devi Dja.  Für Menaka hatte Krauss bereits 1931 einige Duo-Aufführungen mit ihrem damaligen Tanzpartner Nilkanta in Europa arrangiert, daraufhin plante und vermittelte er dann die Aufführungen für Menakas vollständige Ballettgruppe.

Im Januar 1936 nahm Menakas Kompanie ein Schiff von Bombay nach Marseille. Der Auftakt der Tournee war in den Niederlanden arrangiert, auf dem Weg dahin gab das Ballett aber schon einige Vorstellungen in der Schweiz und in Belgien. Für das Jahr 1936 waren ein Großteil der Aufführungen vorausgeplant, nach den ersten erfolgreichen Veranstaltungen kamen oft auch kurzfristig sukzessive weitere Engagements zustande. Bemerkenswert ist die Dichte der Termine, im ersten Jahr der Tour war fast täglich ein neuer Spielort angesetzt. Die Strecken von Spielstätte zu Spielstätte legte das Ensemble im Bus zurück. Bis Anfang 1937 sind die Aufführungen weitestgehend lückenlos in der Buchführung der Internationalen Konzertdirektion Ernst Krauss dokumentiert. Von 1937 an sind keine kontinuierlichen Aufzeichnungen der Konzertdirektion erhalten. Belegt sind Auftritte in Schweden, Dänemark, Norwegen, Estland, Ungarn, Polen, Österreich, der Tschechoslovakei und in Italien. Im Frühjahr 1938 reiste das Ensemble zurück nach Bombay.

Das indische Ballett im Kontext nationalsozialistischer Kulturpolitik
Die Tournee von Menakas indischem Ballett in Europa steht in besonderer Weise im Zeichen der politischen Entwicklungen in Deutschland seit der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933. Die Dynamik der Tournee, ihre Rezeption und ihre Produktionsumstände sind daher parallel zu den politischen Ereignissen in Europa im Vorfeld des zweiten Weltkriegs zu betrachten. In den Zwischenkriegsjahren war ein breiteres Interesse für performative Kunst aus Asien schon Ende der 1920er Jahre mit den Aufführungen des indischen Tänzers und Choreografen Uday Shankar gewachsen. Shankars Indisches Ballett hatte seit seinem Debüt 1931 europaweit für Aufsehen gesorgt und wurde im Kontext einer zeitgenössischen Bühnenkunst international diskutiert. 1936, als Menaka sich anschickte, mit ihrem Ensemble an diesen Erfolg anzuknüpfen, stand die deutsche Theaterlandschaft dann bereits unter den Vorzeichen nationalsozialistischer Kulturpolitik, was auch das Rezeptions- und Deutungsfeld für indische Kunst verschob. Zwar bescherte eine ungebrochene orientalistische Faszination Menakas Ensemble auch Mitte der 1930er Jahre in Deutschland gut gefüllte Theatersäle. Dennoch stand – trotz eines gewissen Sonderstatus Indiens in der deutschen Wahrnehmung – die Legitimität der fremden Kultur-Repräsentation an deutschen Bühnen zur Disposition. (Zum Spektrum der deutschen Menaka-Rezeption siehe auch den einführenden Beitrag.)
Die olympischen Sommerspiele 1936, in deren Rahmenprogramm Menaka bei den internationalen Tanzwettstpielen antrat, stellen dabei noch einmal eine weitere Wendemarke dar. Eine Reihe von Maßnahmen zur Gleichschaltung von Theater und Presse traten erst in der Folge des Jahres 1936 in Kraft, wie etwas das Verbot der Kunstkritik (26.November 1936). Auch einige Künstler und Kulturschaffende, die mit Menakas Projekt unmittelbar in Verbindung standen, wie der Choreograf Rudolf Laban oder der Regisseur Richard Eichberg entschlossen sich erst zu diesem Zeitpunkt ins Exil zu gehen. Damit wurden vor allem während der zweiten Hälfte der Menaka-Tournee  die Verschärfungen nationalsozialistischer Politik im öffentlichen Leben wie auch in den kulturellen Institutionen in Deutschland unübersehbar. Die programmatische Neuausrichtung der deutschen Bühnen wirkte sich auf die Vermitttlung der indischen Künstler unmittelbar aus, was beispielsweise an der Korrespondenz des Menaka-Impresarios Ernst Krauss mit der Intendanz der Stuttgarter Staatsoper anschaulich wird. In den Presseberichten zu Menakas Aufführungen spiegeln sich bestimmte Muster nationalsozialistisch-völkischer Ideologie deutlich wieder. Leider existieren kaum Dokumente, die verraten, welche Haltung wiederum die indischen KünstlerInnen zur politischen Lage Deutschlands während ihres zweieinhalbjährigen Aufenthalts einnahmen.