Anhand der Biografie von Menakas Begleitmusiker Sakhawat Khan lassen sich die dramatischen Umwälzungen im Zuge der kolonialen Entflechtung Indiens in besonderer Weise nachvollziehen. Die zunehmenden kommunalistischen Konflikte zwischen Hindus und Muslimen wirkten sich auch auf die größtenteils muslimischen professionellen Musikerfamilien aus. Der Musikethnologe Max Katz beschreibt die Entwicklung von Sakhawat Khans Familiendynastie – der Lucknow-Shahjahanpur Gharana von einer der einflussreichsten nordindischen Musikerdynastien hin zu ihren heute weitestgehend marginalisierten Vertretern als „kohärenten Satz von Gegenerzählungen“ zu einem Hindu-dominierten Narrativ der modernen Musikgeschichte Indiens. Diese Gegenerzählungen würden demnach auf eine Rehabilitierung der Rolle von muslimischen Musikern wie Sakhawat Khan bei der Gestaltung musikalischer Modernität im Zuge der Nationsbildung zielen. Die sorgfältig bewahrten Unterlagen und Erinnerungen an die Deutschland-Tournee im Nachlass Sakhawat Khans stellen daher nicht nur ein Dokument für Menakas Unternehmung und ihrer begleitenden Künstler_Innen in Europa dar, sondern auch ein archivarisches Unterpfand für die Gegenerzählungen der muslimischen Musiker in Indien, die an der Formgebung von Menakas künstlerischem Projekt einen wesentlichen Anteil hatten. Den Nachlass Sakhawat Khans verwahrt heute dessen Enkelsohn Irfan Khan in seinem Familienarchiv in Kalkutta. Die Hinterlassenschaften seines Großvaters – Instrumente, Tonaufnahmen, Notizen, Briefe und Fotografien belegen dessen musikalische Karriere und versprechen eine Lücke in der Forschungsgeschichte  zur künstlerischen Moderne Indiens zu füllen. Im Dokumentarfilm “The Albatros around my Neck” schildert Irfan Khan dieses archivarische Vermächtnis seiner Vorfahren als ambivalentes Erbe:

An den Dokumenten zu Sakhawat Khans Biografie und an seiner Rolle in Menakas Ensemble werden  auf besondere Weise die gesellschaftlichen Umwälzungen anschaulich, die sich im kolonialen Indien im 20. Jahrhundert vollzogen. Als die britische Ostindien-Kompanie 1856 das Fürstentum Avadh annektierte, zwang sie Wajid Ali Shah, den letzten Regenten von Lucknow, ins Exil nach Kalkutta zu gehen. Wajid Ali Shah hatte als Kunstliebhaber gegolten. Mit seiner Absetzung brachen auch die weitgefächerten Patronatsstrukturen für die hochspezialisierten Musiker, Tänzer und Literaten am Lucknower Hof zusammen. Anfang des 20. Jahrhunderts begann die indische Nationalbewegung zunehmend an die Stelle dieser Patronatsstrukturen zu treten. Rai Umanath Bali, Abgeordneter des Indischen Nationalkongresses sprach beispielsweise 1925 die Teilnehmer der »All-India Music Conference« folgendermaßen an: »Culture is the foundation of nationalism. The achievement of our race in the past is the basis of our faith in our future and our spiritual heritage of art and science, philosophy and literature, is the true spring of our national self-consciousness«
1926 gründete Bali eine der ersten nationalen Institutionen zur Kunstvermittlung – das „Marris College of Music“ in Lucknow. Die Aufgabe dieser Schule verstand er so:

»…to revive old and ancient art of music and to introduce it to high society, which from the last 60 years has fallen in the hands of illiterates.«

Als Madame Menaka 1936 Sakhawat Kahn für ihre Europa-Tournee engagierte, war dieser bereits knapp zehn Jahre als Professor am Marris College tätig gewesen. Aus dieser Perspektive richtete sich sein Blick auf das vor ihm liegende Deutschland. Dieses Deutschland repräsentierte für ihn in erster Linie die Kulturnation. Jene Gesellschaftsform, in der sich die High Society natürlicherweise der Künste angenommen hatte, so wie es auch Rai Umanath Bali’s Wunsch für Indien gewesen war. Kahn stellt sich dort selbst als erfolgreichen Solisten vor, dessen Karriere sich in angemessener Weise vor den europäischen Regenten fortsetzte. In einigen Notizen für seine Memoiren schrieb er:

»In Berlin, I had the opportunity to attend the Olympics, where I exhibited my skill and art on the sarod and was awarded a certificate and a gold medal. It was here that I played before Hitler. In Russia, Stalin heard me and in Italy, Mussolini. In Hungary, Kaiser Wilhelm and in Italy the ex-King of Kabul, Amanullah Khan and Switzerland, the Prince of Wales and again Lord Harding.«

Die ideologischen und politischen Differenzen zwischen Stalin, Mussolini und Kaiser Wilhelm spielten aus der Sicht des internationalen Künstlers eine nachgeordnete Rolle. Zurück in Indien holte Sakhawat Khan aber die Realität des kommunalistischen Konflikts ein. Seinem Sohn Umar Khan schrieb er unmittelbar nach seiner Ankunft in Bombay:

»Today in the morning I reached Bombay and I am well. […] In Bombay some gamblers fought and killed each other and the news which got spread were, that Hindus and Muslims have fought. So please don’t worry, its peaceful here.«

Der sich zuspitzende Konflikt zwischen Hindus und Muslimen zog auch im Zuge der fortschreitenden Institutionalisierung der künstlerischen Ausbildung neue soziale Trennlinien ein. Max Katz weist in „Lineage of Loss – counternarratives of north indian music“ darauf hin, wie Rai Umanath Bali’s Vision einer lebendigen indischen Nationalkultur zugleich die Schicht jener Künstler diskreditierte, die das sogenannte Kulturerbe auf traditionelle Weise inkorporiert weitergegeben hatten. Mit den „Illiteraten“ in deren Hände die Musik gefallen sei, so Katz, waren die Zusammenhänge der Familiendynastie angesprochen, in denen beispielsweise Sakhawat Khan seine musikalische Meisterschaft ausgebildet hatte.
Demzufolge hielt in die nationalen Institutionen der Kunstvermittlung schon früh jener Kommunalismus Einzug, der 1947 schließlich zur Spaltung Indiens führte. Denn der größte Teil der traditionellen Musiker waren ja bekanntermaßen Muslime, während mit Akteuren wie Rai Umanath Bali nun verstärkt Hindus prominente Positionen im Kulturbetrieb einnahmen. Obwohl Sakhawat Khan als Professor am Marris College respektiert war, argumentiert Katz, hätte die inhärente Ideologie der nationalen Reformbewegung den muslimischen Akteuren auf diese Weise schrittweise die Existenzgrundlage entzogen. Sakhawat Khan sah in dieser Situation keinen Widerspruch. Aus seiner Sicht war die Institutionalisierung des Kulturerbes ein unterstützenswertes Ansinnen. In seinen biografischen Notizen beschreibt er seine Auffassung von der Rolle nationaler Institutionen bei der Vermittlung des kulturellen Repertoires:

»One of these academies is for keeping our India’s ancient music, ancient songs, ancient instruments and the musicians who sing and play these instruments, alive. […] May God grant their noble efforts success giving the opportunity to India’s musicians to thank them and be able to bring forth the fruits of their labor.«

Die Dokumente von Sakhawat Khans Beitrag zur Modernisierung von Indiens Musiklandschaft warten noch auf einen angemessen Platz im Archiv der indischen Musikgeschichte.